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 Was aktuelle Gerichtsurteile über Selbstschutz, Verantwortung und Verhältnismäßigkeit lehren

Warum wir das tun

In einer Zeit, in der Gewaltvorfälle zunehmen und das Sicherheitsgefühl vieler Menschen schwindet, ist Selbstschutz mehr als nur körperliche Abwehr.
Es geht um Haltung, Bewusstsein und Rechtsklarheit.
Denn wer sich im Ernstfall verteidigt, steht nicht selten kurze Zeit später vor der nächsten Prüfung – vor Gericht.

Genau deshalb veröffentlichen wir regelmäßig unsere Reihe „Recht aktuell – Notwehr & Selbstschutz“.
Wir wollen Orientierung schaffen – für all jene, die im Alltag Verantwortung tragen:
im Sicherheitsdienst, im öffentlichen Dienst, in sozialen Einrichtungen oder als Trainerinnen und Trainer für Gewaltprävention.

Wir beleuchten, wie Gerichte urteilen, wenn Menschen handeln müssen, und welche rechtlichen Grundsätze wirklich zählen, wenn Sekunden entscheiden.
Dabei geht es uns nicht um juristische Spitzfindigkeiten, sondern um das, was in der Praxis den Unterschied macht:
Bewusstsein, Handlungssicherheit und Verantwortung.

Notwehr ist kein Freibrief für Gewalt.
Sie ist das Recht, sich zu schützen, wenn keine andere Möglichkeit bleibt – klar, verhältnismäßig und menschlich.

1. Landgericht Stuttgart: Selbstschutz bei Angriff in der Bahn

Ein 42-jähriger Mann wurde in einer S-Bahn in Stuttgart von einem stark alkoholisierten Mitfahrer bedrängt und körperlich angegriffen.
Er nutzte seinen Schlüsselbund, um den Angreifer abzuwehren. Der Angreifer erlitt eine Platzwunde, woraufhin die Staatsanwaltschaft zunächst wegen Körperverletzung ermittelte.

Das Landgericht Stuttgart stellte klar:
Auch ein Alltagsgegenstand kann ein zulässiges Abwehrmittel sein, wenn die Bedrohung plötzlich und ernsthaft war.
Die Richter betonten, dass in dynamischen Situationen keine „präzise Abwägung der Mittel“ erwartet werden könne.

📚 Quelle: LG Stuttgart, Urteil vom 09.09.2025 – Az.: 14 Ns 415 Js 2845/25

Einordnung

Dieses Urteil ist praxisrelevant für alle, die im Selbstschutz improvisieren müssen.
In Trainingssituationen wird oft über Werkzeuge und Techniken gesprochen – doch im Ernstfall zählt das, was verfügbar ist.
Gerichte erkennen zunehmend an, dass unter Stress instinktive Reaktionen keine „Überreaktionen“ sind, sondern Ausdruck einer realen Bedrohungswahrnehmung.

Fazit

Nicht der Gegenstand entscheidet, sondern die Lage.
Wer in einer Notsituation angemessen handelt, darf auch improvisieren – ohne Angst vor übertriebener Auslegung.


2. Amtsgericht Berlin-Tiergarten: Notwehr trotz Fluchtmöglichkeit

Eine Frau wurde in der Berliner U-Bahn mehrfach bedrängt und beleidigt.
Als der Täter sie an der Schulter packte, schlug sie ihm mit der Handtasche ins Gesicht – obwohl sie theoretisch hätte aussteigen können.

Das Gericht entschied:
Es gibt keine Pflicht zur Flucht.
Ein Mensch darf sich wehren, auch wenn Rückzug theoretisch möglich wäre – insbesondere, wenn die Bedrohung fortbesteht oder die Flucht selbst riskant ist.

📚 Quelle: AG Berlin-Tiergarten, Urteil vom 12.08.2025 – Az.: 243 Ds 1663/25

Bewertung

Dieses Urteil stärkt vor allem Frauen, die sich in öffentlichen Verkehrsmitteln verteidigen müssen.
Die Vorstellung, man müsse „lieber wegrennen“, ist rechtlich nicht haltbar, wenn der Angriff unmittelbar ist.

Für Trainer bedeutet das:
In der Ausbildung sollte nicht nur das „Wie“ (Technik), sondern auch das „Wann“ (rechtliche Bewertung) vermittelt werden.
Selbstschutz bedeutet, unter Druck bewusst zu entscheiden – nicht reflexhaft zu fliehen.

Fazit

Das Gericht betont: Mut ist kein Fehler, wenn er zur Wahrung der eigenen Sicherheit dient.


3. Arbeitsgericht Köln: Kein Pflichtverstoß bei körperlicher Abwehr im Dienst

Ein Mitarbeiter einer städtischen Behörde wurde bei einem Bürgergespräch von einem aufgebrachten Besucher geschubst und bedroht.
Er reagierte mit einem kurzen Stoß, um Distanz herzustellen.
Daraufhin erhielt er eine Abmahnung – mit der Begründung, er habe „unangemessen reagiert“.

Das Arbeitsgericht Köln sah das anders:
Notwehr kennt keine arbeitsrechtlichen Grenzen, solange kein Missverhältnis zwischen Angriff und Abwehr besteht.

📚 Quelle: ArbG Köln, Urteil vom 03.10.2025 – Az.: 5 Ca 2029/25

Kommentar aus Sicht der Gewaltprävention

Dieses Urteil ist ein wichtiges Signal für öffentliche Einrichtungen.
Wer Mitarbeitende in Konfliktsituationen schickt, trägt auch Verantwortung für deren Schutz.
Klare Selbstschutz- und Deeskalationsunterweisungen sind nicht nur sinnvoll, sondern auch haftungsrelevant.

Praxistipp für Arbeitgeber

Eine fundierte Schulung in Gewaltprävention reduziert nicht nur Gefährdungen, sondern schützt auch juristisch – weil sie zeigt, dass Prävention ernst genommen wird.

Fazit

Selbstschutz ist Teil der Fürsorgepflicht – auf beiden Seiten.


Fazit & Einordnung

Die aktuelle Rechtsprechung zeigt deutlich:
Notwehr bleibt ein Grundrecht – aber sie verlangt Bewusstsein und Verhältnismäßigkeit.

Gerichte anerkennen zunehmend, dass Menschen in Gefahrensituationen unter Stress handeln und keine Zeit haben, juristische Feinheiten abzuwägen.
Entscheidend ist, ob die Handlung aus einer echten Bedrohung heraus erfolgte – nicht, ob sie im Nachhinein „perfekt“ war.

Für Trainerinnen, Sicherheitsmitarbeiter und Behörden bedeutet das:
Rechtliche Bildung gehört genauso zum Selbstschutz wie körperliches Training.
Nur wer weiß, was erlaubt ist, kann in kritischen Momenten ruhig, sicher und verantwortungsbewusst handeln.

„Wer Verantwortung trägt – ob im Dienst, im Training oder im Alltag – muss wissen, wann Handeln richtig ist. Selbstschutz beginnt im Kopf – und endet nicht an der Tür des Gerichts.“
— Günther Pfeifer, Fachkraft für Gewaltprävention (IHK)

„Nicht die Gewalt, sondern die Verhältnismäßigkeit entscheidet vor Gericht.“

Aktuelle Notwehr-Urteile wie diese zeigen, wie eng Selbstschutzrecht und Gewaltprävention miteinander verbunden sind – und warum klare Unterweisungen und Aufklärung über Handlungssicherheit unverzichtbar sind.

Bleib informiert – monatlich neue Rechtseinblicke zu Selbstschutz, Gewaltprävention und Deeskalation.


 


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Günther Pfeifer - Dein persönlicher Trainer
Mein Name ist Günther Pfeifer und ich biete Selbstverteidigungskurse, Gewaltprävention und Personal Training an. Für alle Bereiche bin ich ausgebildet und zertifiziert. Darüber hinaus verfüge ich über einen umfangreichen Erfahrungsschatz aus einer langjährigen Berufspraxis.